Feueralarm

Feueralarm

Dietrich (1983)

Hafencafé (1981/82)

Ich kann’s verstehn (1982)

Feueralarm (1983)

Die Lücke (1982)

Die Spinne (1977)

Bingerbrück (1983)

Die linke Hand (1979)

Mammi Mutti Muschi (1983)

Ein Moment zum Überlegen (1982)

Es tut mir gut (1982)

 

Feueralarm – Unveröffentlichtes

Türkischer Frühling (1982)

Die eigene Haut (1982)

Fuss in der Tür (1983)

 

DIETRICH

Sie verkaufte das Hochbett.
Mit ihrer WG besprach sie nichts mehr.
Sie kündigte die Abos
von taz, Transatlantic, Courage und FR.
Wieder wurde es Frühling,
und durch die Straßen, da tanzte ein Wind.
Sie zahlte die Rechnung im Café Rhizom,
wo die Untergangspriester am Koksen sind.

Sie ging nochmal auf eine Demo
und floh nochmal vor der Polizei,
hörte nochmal von einer Freundin,
daß dieser Frühling der letzte sei.
Medaillons und Ketten
schickte sie ihren Lovern zurück
und sagte: falls euch irgendwas auffällt
zwischen euren Termin,
ich bin nämlich weg.

Sie zog zu Dietrich
in ein Häuschen bei Hildesheim.
Sie zog zu Dietrich.
Der war nie ironisch.
Der war bei der Post.
Der meint, was er sagt,
und er hatte gesagt:
“Ich hab Platz für zwei.”

Sie mag sein Lachen,
sie mag, dass er jeden Tag arbeiten geht.
Sie mag die Nachbarn,
und dass vom Krieg nur in den Zeitungen steht.

Inzwischen ist Sommer.
Sie streichelt sich über’n Bauch und sagt: hier,
und sie denkt an Gomera,
wo alles anfing
mit Didi und ihr.

(1983)

 

HAFENCAFÉ

Über mir der Himmel,
unter mir der Strand.
Salz weht mit dem Wind ans Land.

Du bist jetzt durchs Check-In,
hängst im Flugzeuggurt,
hoch über den Wolken festgezurrt.

Und ich lehn’ an der Brüstung vom Balkon
über’m Hafencafé,
hör die ewige Brandung,
hab im Hals einen Brand,
fühl mich wie ‘n Emigrant
und träume vom Schnee.

Weißt du noch, wie’s anfing?
Soldaten spuckten vor mir aus.
Du hast gedacht, ich sei ein Feigling,
und ich sagte: komm mit raus.

Mein zerrissnes T-Shirt,
dein gelbes Sommerkleid.
Da war der Wind im Fels,
da war ‘ne weite Fläche Zeit.

Da war ein Schaukeln wie von Pflanzen,
und es knisterte und roch.
Du hast gefragt, ob ich dich liebhab,
und ich sagte: doch, doch, doch.

Und jetzt lehn’ ich an der Brüstung vom Balkon
über’m Hafencafé,
hör die ewige Brandung,
hab im Hals einen Brand,
fühl mich wie ‘n Emigrant,
dein Bild in der Hand,
und träume vom Schnee.

Hey, wann hast du mich vergessen,
bin ich noch in deinem Film?
Einer, der vom Glück besessen ist,
oder bloß ein armes Schwein?

Und jetzt bist du gelandet
und meldest dich zurück
in dieser kalten Stadt im Norden,
und ich wünsch dir Glück.

Und jetzt lehn’ ich an der Brüstung
vom Balkon über’m Hafencafé,
hör die ewige Brandung,
hab im Hals einen Brand,
fühl mich wie ‘n Emigrant,
dein Bild in der Hand,
und träume vom Schnee,
und nichts tut mehr weh.

(1981/82)

 

ICH KANN’S VERSTEHN

Hab nichts am Kommen,
hab nichts am Gehn,
hab nichts zu liegen
und nichts zu stehn.
Ich sitz in der Sonne,
ein Schild über’m Bauch,
“Bloß nicht berühren”,
das steht da drauf.

Ich hab kein Problem,
überhaupt kein Problem.
Ich kann alles verstehn.

Meine Braut liebt ‘n andern,
der sie nicht will.
Er nennt sie Mäuschen,
sie hält das für Stil.
Sie ließ mir ein Buch da,
als sie endgültig ging,
mit dem Titel “Zeig Schwäche”.
Ich glaub, das ist das Ding.

Absolut kein Problem,
ich kann’s sehr gut verstehn.
Ich kann alles verstehn.

Ich leb’ in ‘nem Museum
mit begrenzter Öffnungszeit.
Die Ordner ziehn die Jacken aus
und fragen: Mein Herr, sind Sie soweit?
Ganz oben kreist ein Satellit,
der nach unten funkt:
absolut kein Problem,
Ende und Punkt.

Der Mann an der Ecke,
der spricht sich jetzt aus.
Sein Sohn lebt bei ‘nem Transi,
die Frau im Frauenhaus,
und die letzten zwei Hunde
hat der Tierschutzverein,
und die Tochter hat ‘n Guru.
Und schon schlägt er auf mich ein.

Also, ehrlich gesagt, wenn’s nicht so weh tät –
eigentlich kann ich ihn ja
sehr gut verstehn.

Und jetzt kommt mein Sozialfürsorger,
und der fragt: Was isn los,
du sitzt hier rum wie ‘n Denkmal,
und du bewächst ja mit Moos!
Und ich sag: da, wo ich jetzt bin,
da wird bald ein Loch sein,
in das werd’n wir fallen,
und nur dieser Spruch, der wird dann noch sein!

Und der sagt: Junge, darüber
kann und will ich nicht urteilen,
aber warum schreist du eigentlich so –
ich kann dich sehr gut verstehn.

(1982)

 

FEUERALARM

Das ist der richtige Schlüssel,
das Schloss ist noch neu.
Lichtschalter neben der Treppe.
Der Teppich sieht aus wie Heu.
Herrlich leer, diese Wohnung,
kein Bild an der Wand.
Hier sind dann auch die Papiere
für dein Niemandsland.

Dich wird hier niemand erwarten.
Hast du die Zeitung gesehen?
Am besten, du zeigst dich wenig.
Mach’s dir erstmal bequem.

Ich erklär dir noch schnell die Geschichte
mit dem Kontoauszug.
Das Bad ist schräg gegenüber.
Und wie war der Flug?

Ich weiß ja nicht, wie du’s gern hast,
sag mir, was du vermisst.
Ruf uns an, wenn du Notstand hast,
oder wenn dir nach ist.
Das war ein glänzender Absprung
kurz vor dem Feueralarm.
Ich hab geglaubt, du wärst jünger.
Aber was geht’s mich an.

Dich wird niemand mehr erwarten,
also mach’s dir bequem.
In der Küche steht was zu essen.
Ich werd jetzt doch lieber gehn.

(1983)

 

DIE LÜCKE

Ich kam vom Hambacher Staatsbankett
und fuhr entlang am Rhein.
Ich blätterte im Jubiläumsheft,
da fiel es mir wieder ein.
Du hattest mich bei der Pressekonferenz
so seltsam angeschaut,
als du die Aktion gegen Kriegsspielzeug erklärtest,
wie ‘ne scharfe Braut.

Irgendwo muss ‘ne Lücke sein,
‘ne Lücke für uns zwei,
ein Tag, der einfach runterfällt,
und den halt ich mir frei.

Ich musste an diesem Abend noch
ins Koordinationsbüro nach Bonn:
Frauenmarsch nach Wien und Reagan-Besuch,
und die Bilanzen der Button-Produktion.
Ich entwarf einen Aufruf für Behinderte und Schwule,
doch ich war nicht mehr so recht dabei.
Dann kam noch der Typ von “Christen schweigen für den Frieden”,
und wir redeten bis nachts um drei.

Irgendwo muss ‘ne Lücke sein,
‘ne Lücke für uns zwei,
ein Tag, der einfach runterfällt,
und den halt ich mir frei.

Am nächsten Tag gab ich ein Telex auf an die taz
und flog nach Hamburg zu rororo,
telefonierte von dort wegen Bochum mit den bots
und belastete mein Spesenkonto.
In der ESG war ein Abrüstungshungern,
und ich machte ‘ne Stunde mit.
Abends dann bei Biermann schwärmten wir vom Prager Frühling
und den Mädchen aus Madrid.

Und dann fielst du mir wieder ein
mit dieser Lücke,
die Lücke für uns zwei.
Ein Tag, der einfach runterfällt,
und den halt ich mir frei.

Ich weiß, ich weiß, du meinst es ernst,
du spürst die Angst ganz echt.
Deine Leute vom “Schwarzwälder Buntschuh”,
die nennen mich Medienknecht.
Aber trotzdem hast du mich so angeschaut,
ich denke oft zurück;
du bekommst bestimmt keinen Friedensnobelpreis
für diesen geilen Blick.

Und ich weiß, da wird die Lücke sein,
die Lücke für uns zwei:
spätestens am Tag, wo die Bombe platzt,
hab ich ein paar Stunden frei.

(1982)

 

DIE SPINNE

Ich sitz in einem grünen Garten an ‘nem weißen Tisch
und denk an meine Stärke und schau auf einen Fluss.
Zu dem führt, kunstvoll angebracht, ein gusseisernes Tor,
doch ich trau mich nicht durchzugehn. Ein Spinnennetz davor.
Da fangen sich die Fliegen drin, täglich über zehn,
und abends kriecht die Spinne ran, um ruhig nachzusehn.
Sie frisst zwei Opfer lebend, die andern hebt sie auf,
falls sie nachts noch hungrig wird, für schlechte Zeiten auch.

Und genauso machen’s diese Therapeuten,
die uns weismachen, wir seien ja so krank.
Die tun, als wollten sie uns rüsten für die schlechten Zeiten,
und heimlich sagen sie von den Zeiten: Gott sei Dank.

Ich sitz in diesem Garten und denk an meine Sorgen:
wen find ich für mein Bett, von wem kann ich was borgen.
Am Morgen Melancholiker, am Mittag depressiv,
bei der Tagesschau von Hass verzerrt, nur selten konstruktiv.
Ich kau an meinen Nägeln und träum oft von Dynamit,
bin in verkehrter Richtung geil und lach schizoid.
“Sehn Sie endlich ein”, so jubelt der,
“die psychische Verkrüppelung macht vor Ihnen nicht halt,
wenn Ihnen keiner weiterhilft, meine Therapie hilft bald!”

Und genauso machts die dicke alte Spinne,
das Netz am rechten Fleck, die Fliegen zappeln drauf.
Die kleinen Brocken frisst sie gleich in Aktionsanalyse
und kaut wie ein Freudianer den Winter durch den Vorrat auf.

(1977)

 

BINGERBRÜCK

Du musst nichts sagen.
Ich seh, wie deine Augen glühn.
Ich werd nichts fragen.
Ich will die Wut nicht auf mich ziehn.

Du bist gekommen,
doch noch gekommen.
Ich hab ein ziemlich übles Zeug genommen,
eh du vorhin geklingelt hast.
Sei nicht so traurig,
setz dich doch endlich.
Ich war den ganzen Tag lang grantig.
Nein, du bist mir keine Last.

Komm, leg dich zu mir.
Ich wär jetzt gerne richtig bei dir
wie in der allerersten Zeit.
Weißt du noch, in Bingerbrück?
Die Hände wollten nicht zurück,
wir war’n so aufgeregt
– die schönsten Sachen – .
Sei nicht sauer, tut mir leid.

Schlafen und schweigen.
Einmal wirst du an mir vorbeigehn,
und ich werd dastehn und mich wegdrehn,
und du hast mich nicht bemerkt.
Dann wird sich’s zeigen:
wir werden füreinander frei sein.

(1983)

 

DIE LINKE HAND

Ich lieg in der Höhle,
schweb überm Meer.
Es dampft aus den Steinen,
mein Atem geht schwer.
Die Sonne und das Wasser,
wie Bräutigam und Braut.
Das Meer wartet fröhlich
mit gekräuselter Haut.

Ich strecke die Hand aus
und öffne mein Hemd.
Die Hand auf dem Schenkel
ist mir so fremd.
Musste zittern und flicken,
hat gewinkt und zerbrochen,
war manchmal wie Watte,
kam manchmal gekrochen.

Jetzt liegt sie und döst noch,
während die andere schreibt.
Ob ihr das gleich Spaß macht,
wenn sie sich an mir reibt?
Deshalb bin ich doch hier oben,
hab mich im Felsen versteckt,
wo nur die Ziegenkinder spielen,
da ist’s viel schöner als im Bett!

Über’m Meer kreisen Vögel
und die Sonne taucht ein,
rot, fest und zärtlich.
Die Vögel schrein.
Ach, ich lass dich heut in Frieden,
kleine rauhe linke Hand.
Komm, wir malen uns was Schönes
mit den Fingern in den Sand.

(1979)

 

MAMMI MUTTI MUSCHI

Hey Mammi Mutti Muschi,
der Mann mit den Kabeln ist da.
Er findet, wir sind viel zu oft allein.
Ich geh dann nie mehr auf die Straße,
und die Regierung sagt: alles klar.
Also bitte, dann lass ihn doch kurz rein.

Wir sind uns ja ganz einig:
die Welt ist ein Gespenst.
Du brauchst nicht aus dem Haus zu gehn,
damit du sie erkennst.

Jeder Topf kriegt seinen Deckel,
für jede Sehnsucht gibt’s ‘n Film.
Mutti, du kennst das gleiche Prickeln.
Seit Vati nicht mehr wiederkommt,
schaust du mich so komisch an,
und wo soll ich hin mit meinen Pickeln?

Wir sind uns ja ganz einig:
die Welt ist ein Gespenst.
Du brauchst nicht aus dem Haus zu gehn,
damit du sie erkennst.

Ich träum von einem Freund im All
und du von Roland Kaiser.
Wir kennen uns seit zweiunddreißig Jahren.
Ich hab nichts gegen Hubert Kah,
aber bitte stell es leiser,
ich kenn die Glatze unter deinen Haaren.

Hey Mammi Mutti Muschi,
die Welt ist ein Gespenst.
Ich lass uns schnell ‘ne Pizza bringen,
eh du wieder pennst.

(1983)

 

EIN MOMENT ZUM ÜBERLEGEN

Falscher Frieden, faule Fäuste in den Manteltaschen,
Körper atmen flach und pressen sich an Panzerglas und Stein.
Letzte Nacht kamen drei Worte an die Häuserwände:
Nichts gilt mehr – keiner, der’s brachte, froh zu sein.

Und ein Schweigen
liegt in der Luft.
Das saugt an uns.
Ein Moment zum Überlegen,
dann zerreißt es uns.

Alte Männer, im Gesicht die überstandnen Katastrophen,
wünschen ihren Söhnen einen Sieg, den es nicht gibt.
Frauen, die noch Kinder in sich wachsen lassen wollten,
sperren sich der Zukunft, machen, dass ihr Schoß versiegt.

Und ein Schweigen
liegt in der Luft.
Das saugt sich an uns fest.
Ein Moment zum Überlegen,
den es uns noch lässt.

Blöde Hoffnung – vielleicht nicht hier.
Kinderglaube – warum grad’ wir.
Warum bleib ich denn so stumm,
warum leg ich niemand um?
Mach keinen Fehler, junger Mann,
lass diesen Hass nicht an dich ran.

Stell dir’s vor im Duft von einer sanften Stunde,
wer grad plant und schuftet, wird ein Rauch.
Wer grad liebt und fürchtet, schlürft und frisst und betet,
und wer hasst und tötet. Und wer schweigt, der auch.

Denn das Schweigen
liegt in der Luft
und saugt an uns.
Ein Moment zum Überlegen.

(1982)

 

ES TUT MIR GUT

Weil diese Nacht so weich ist,
ein träger grüner Fluss.
Und weil noch nichts erreicht ist,
weiß, dass ich weiter muss.
Alle Straßen gehn ans Ende der Welt.
Und weil ich doch beschützt bin,
wenn ich auch lüg und prahl,
benützt, beschmutzt und aufgeputscht,
und immer noch nicht fall.
Soviel Zeit in der Hand, die mich hält.
Deshalb und deshalb und deshalb:
es tut mir gut,
es tut mir leid.

Vielleicht gibt es drei Orte,
die meine Heimat sind:
ein Garten, ein Kellerloch
und ein Feld aus Stein,
und überall weht der Wind.
Vielleicht gibt es vier Menschen,
deren Augen mich sehn:
hör den Schwüren der andern aufmerksam zu
und lass sie dann gehn.
Vielleicht gibt es drei Fragen,
die liegen im fremden Leib:
reißen und dulden und ehren –
dass ich mich wandle und bleib.
Deshalb und deshalb und deshalb:
es tut mir gut,
es tut mir leid.

Ich möchte mit dir altern.
Ich will in dieser Nacht
weit raus und dich doch halten.
Und alles wär gesagt.
Alle Straßen gehn ans Ende der Welt.
Will liegen in den Feldern
und will die Länder sehn
zwischen meinen Zehen
und denken:
das war schön.
Und hält.
So war die Zeit!
Deshalb und deshalb und deshalb:
es tut mir gut
und tut mir leid.

(1982)

 

TÜRKISCHER FRÜHLING

Die Knie auf der Fensterbrüstung,
das Kopftuch flattert weiß im Wind,
so hockt sie Stunden und schaut lüstern
und hält sich selbst noch für ein Kind.
Im Hof ein Typ aus ihrer Klasse
kurvt mit dem Rad, so scharf er kann.
Der war doch gestern noch so albern,
hat jetzt die Stimme von nem Mann.

Überall Frühling,
weit weit raus,
türkischer Frühling
in ‘nem deutschen Mietshaus.

Ihr Vater und ihr großer Bruder,
die sind die letzten Jobs jetzt los,
die Luft ist dünn zu dritt im Zimmer,
die hocken rum und warten bloß.
Vorm Spiegel in dem engen Pulli,
den riß der Bruder ihr gleich weg
und hält sie seitdem für verdorben.
Und wenn sie heult, hat keinen Zweck.

Überall Frühling,
weit weit raus,
türkischer Frühling
in ‘nem deutschen Mietshaus.

Jetzt hört sie Schritte auf der Treppe,
und eh der Vater ihr was will,
macht sie schnell eine kleine Taube
aus einem Illustriertenbild.
Der Junge unten fängt den Vogel
und klemmt ihn vorsichtig ans Rad.
Dann fährt er in die Abendsonne –
mal sehn, was sonst läuft in der Stadt.

Überall Frühling,
weit weit raus,
türkischer Frühling
in ‘nem deutschen Mietshaus.

(Mai/Sept. 1982)

 

DIE EIGENE HAUT

Sie sagt: Du kannst mich nicht verlassen,
wohin du gehst, ich komme mit.
Wenn du mich quälst, wirst du dich hassen,
drum überleg dir jeden Schritt.
Ich will dir keine Szene machen,
doch bin ich weg, löst du dich auf.
Werd ich gestreichelt und geleckt, dann wirst du lachen,
werd ich geschlagen, weinst du auch.

Ich bin dein Tor zur Welt,
bin rundherum gebaut,
ich bin das, was dich hält,
die eigene Haut.

Ich wollt sie tausendmal betrügen,
sie war mir völlig einerlei,
bei meinen miesen Tricks und Lügen
da war sie bleich und rot dabei.
Und manchmal wollt ich sie zerreißen,
sie sah so fleckig aus und grau,
ein fremder wilder Mund wollt sie einmal zerbeißen,
oh ja, das weiß ich noch genau.

Da war sie dann mein Kerker,
so rundherum gebaut,
und wurde immer stärker,
die eigene Haut.

Du bis nicht meine große Liebe,
du bist auch nicht mein schärfster Flirt,
aber die Welt ist voller Diebe,
und ich beschütz, was mir gehört.
Du riechst sofort, wenn einer rumschleicht,
und will das Fell vom Leib mir ziehn –
wenn sie dann kommen und dich von mir trennen wollen,
dann werden wir zusammen fliehn.

Du bist das, was mich hält,
bist rundherum gebaut,
bist, was sich vor mich stellt,
die eigene Haut.

(August 1982)

FUSS IN DER TÜR

Ich will nicht behaupten, daß ich hätte wählen können,
das war ein Aus-Weg, und nicht mehr.
Ich stand an dieser Schleuse, und ich schielte um die Ecke.
Das ist mein ganzes Leben her.
Da war das Licht, da war die Luft, da war vielleicht Musik,
wo bin ich denn, das kenn ich nicht von hier.
Ich dachte: Aber zerrt mich nicht, sonst will ich nicht.
Ich hatte meinen Fuß noch in der Tür.

Hey – mit dem Rücken zur Wand
(den Fuß in der Tür)
Hey – mit dem Kopf im Sand
(den Fuß in der Tür)
Hey – nicht freiwillig hier
(mit dem Fuß in der Tür)
Hey – mit dem Spatz in der Hand
(und den Fuß in der Tür)
Bei den Projekten und Prospekten,
allen Sorten Checks und Tricks, auch tiefen Blicks,
und wenn sie alle sagen:
Du hast Glück – laß deinen Fuß in der Tür!

Ich will nicht, daß du glaubst, ich fühlte mich hier falsch plaziert.
Ich kann jederzeit gehn.
Noch ist die Luft zum Atmen, und der Traum passiert.
Ich kann’s überstehn.
Denn als sie mich dann streichelten und in die Arme nahmen,
ich schwör’s, ich war so scharf drauf, so scharf drauf wie bei dir,
ich stand an dieser Schleuse, und ich schielte um die Ecke
und hatte meinen Fuß in der Tür.

(Sommer 1983)