Geister

GEISTER

Die Lieder des Randy Newman

Meine Damen und Herren, hier ist der WDR II, mein Name ist Manfred Maurenbrecher. Ihre Augenlider werden schwer. Die Gedanken wandern. Ich möchte Sie mit einem Herrn aus der Nachbarschaft bekannt machen. Sinken Sie ruhig noch etwas tiefer, Sie fühlen sich wundervoll. Vielleicht verlieben Sie sich.
Sehen Sie, da ist schon der Hafen, Lichter um die Bucht. Ihre Arme sind jetzt so schwer, die sind nur noch im Weg. Herzlich willkommen! Ja, das sind Sie da, Sie gehen jetzt Hand in Hand mit dem König, auf und ab im Heiligen Land. Ist das nichts? Sie fragen vielleicht: womit hab ich das verdient? Nun: mit gar nichts… Vielleicht verlieben Sie sich…

Falling in Love

“Bleib bei mir, nur für’n Moment,
du hast nichts vor, ich hab nichts vor.
Es macht mich so glücklich, dich lächeln zu sehn.
Man schuftet sein Leben lang
und endet mit gar nichts –
ein einziges Zimmer, wie’n Penner.
Ich hab mal ein Flugzeug gesteuert, kämpfte im Krieg,
wir hausten in einem Schloß
und schliefen auf dem Boden,
und ich will einfach nicht mehr
so allein sein.
Tut mir leid.
Draußen auf der Straße
toben farbige Kinder rum,
dort, wo mein eigner Sohn mal gespielt hat.
Und ich sitz in dem Stuhl hier
und kneif meine Gicht,
ich sprech mit mir selbst,
denn ich hab Angst, rauszugehn.
Würde gern wissen, was das Ganze wohl sollte.
Tut mir leid.”

Ghosts

Randy Newman ist der unauffällige Herr aus der Nachbarschaft. Uber ihn zu sprechen heißt vor allem, die Geschichten zu übersetzen, die er erzählt hat. Seine schmale, gepreßte Stimme kann die Rolle eines Psychopaten so gut übernehmen wie die eines aufgedrehten Erfolgstyps – seine Lieder sind Miniaturen, pralle Studien über zerbrochene Charaktere, die einen hinterrücks anfallen. Geschichten von ‘Geistern’, wie es in dem Lied eben heißt – “Ghosts”.

Von diesem Sänger darf man kein klares Bekenntnis erwarten; er ist nicht ‘für’ oder ‘gegen’ etwas, was er mitteilt, geht nie geradeaus, eine List ist immer dabei. Lustvoll hat er die schönsten Filmmusikklänge mit allerhand Bosheit verbunden, zu der Menschen fähig sind.

Mit der eines Sklavenhändlers zum Beispiel, der die naiven Schwarzen an Afrikas Küste auf sein Schiff lockt:

“In Amerika gibt es Fressen für euch alle, ihr müßt nicht mehr durch den Jungel turnen und euch die Kniee aufschlagen… Segelt mit.”

Sail away

Für jeden, der das Überschaubare schätzt, muß die Lebensführung dieses Mannes eine Freude sein.
Aus einer Familie von Filmkomponisten stammend, höhere Mittelschicht Kaliforniens, 1943 geboren, machte Newman das Schreiben von Popsongs von früh an zu seinem Beruf – zunächst für einen Musikverlag, seit 1968 auf eigenen Langspielplatten, von denen er seither alle drei bis vier Jahre eine veröffentlicht hat.

“Ich wünschte, es würde schneller gehen, aber es ist halt hart, sehr hart”, sagt er über sein Produktionstempo…

Alle drei bis vier Jahre gibt es dann auch eine kurze Solotournee, manchmal schreibt er an Filmmusiken (erwähnenswert sein Soundtrack zu ‘Ragtime’), meist aber zieht er sich in seinen Bungalow in einem Vorort von Los Angeles zurück und frönt den zwei Lieblingsbeschäftigungen: Lesen und Fernsehen.

“Dies ist nicht die Zeit für beeindruckende Stimmen, also kann ich es vielleicht wagen”, erklärte er anlässlich seines Plattendebuts 1968 und fügte hinzu: “Ich glaube allerdings nicht, daß ich die Persönlichkeit eines Sängers hätte…”

Mittlerweile geschieden, war er zwanzig Jahre mit einer Deutschen verheiratet, hat drei erwachsene Söhne und ist auch jetzt noch so familiär, daß er Auftritte absagt, weil sein alter Vater an einem Herzinfarkt leidet.

Ein unauffälliger Mann, wie gesagt – jemand, den man gerne zum Elternvertreter macht…

My Life is Good

“Meine Frau und ich, wir waren unlängst in Mexiko. Wir gabelten dort ein junges Mädchen auf und nahmen es mit. Sie kocht jetzt für uns, leert die Mülltüten, wischt dem Baby den Arsch, und sie schrieb dies Lied für mich, hören Sie’s?

Meine Frau und ich, wir machten gestern einen Ausflug nach Beverly Hills, fuhren zu der Privatschule, die unser ältester Sohn besucht. Viele berühmten Leute geben ihren Nachwuchs dort hin… Die Lehrerin sagt: wir haben allerdings ein Problem – Ihr Kind will überhaupt nichts tun, es quält die anderen Kinder… Ich sag: hören Sie mal, versteh ich die englische Sprache noch… vielleicht sind meine Ohren verstopft… Ich sag Ihnen eins, Sie alte Schachtel: Mein Leben ist gut!”

My Life is Good

“Ein halbwegs autobiografischer Song”, kündigt Newman dies Lied in seinen Konzerten an; er baut sich hier einen Alltag aus Klischees abgeschmacktester Art zurecht, und begeistert bestätigt er all die Vorurteile, die man einem halbwegs reichen Kalifornier gegenüber so hat.
Trivialität und Geltungssucht – die Geste des Songs könnte sein: ‘Machen wir uns doch nichts vor…’

Diese Geste findet sich in vielen von Newmans Liedern: sie wirken komisch (und traurig), weil sie die primitivsten Gefühle, Ruhmsucht, Habgier, Geilheit usw., ganz direkt aussprechen (“lt’s Money that I love. Wanna kiss it”).
Es wird bei ihm nichts geschönt, und er wird immer tiefstapeln, wenn er auf ‘tiefe’ Gefühle aus ist.

Marie

Als Filmemacher oder Schriftsteller fände sich Newman mit dieser Art – dem: ‘Machen wir uns nichts vor’ – in einer langen Tradition von Humanisten, deren genauen Blick man gerne mit Menschenverachtung verwechselt. Swift war einer von ihnen, Hitchcock im Alter, Patricia Highsmith gehört dazu oder Thomas Bernhard. Aber Newman macht Popmusik, und dort ist es eher üblich, aus den kleinsten Schmerzen große Dramen zu gewinnen, und das eigene Ich ist einem Heavy Metaller so heilig wie einem Paul Simon.

“Ich tue mein Mögliches. Aber es ist das falsche Business”, hat Newman das kommentiert.

Es gibt ein paar Lieder von ihm, wo er seine desillusionierende Haltung in Verbindung bringt mit dem üblichen Pathos der Branche. Einmal ist da ein reizendes Duett mit dem eben erwähnten Paul Simon, in dem beide einen ewigen Verlierer besingen, der ewig ‘den Blues’ hat; Newman in Sprache und Art eines prahlenden Sozialreporters, Simon von Herzen her dramatisierend.
Und dann gibt es ‘Suzanne’, eine Parodie der Leonard – Cohen-Nummer. Ein Mann in einer Telefonzelle brabbelt vor sich hin, und man begreift, daß er ein Mädchen verfolgt. Er wird sie kriegen, schwört er sich leise und schüchtern; und dann folgen vier Zeilen, die schlaglichtartig klarmachen, daß Randy Newman vielleicht wenig hält von der Unantastbarkeit der Person, aber fast alles versteht von der Macht des Begehrens:

“Ich bin nicht romantisch,
das ist nicht meine Art,
doch halt ich dich erst fest in meinen Armen,
dann lieben wir uns Tag und Nacht, und weich und hart.”

The Blues

Suzanne

“Ich muß die Leute in meinen Songs mögen”, sagt Newman in einem Interview, und man glaubt ein genüßliches Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen, angesichts der Mißverständnisse, die sich dann auftun. Nein, er sei kein Zyniker…
‘Short People’, nach neun Jahren Solokarriere sein erster Hit, wurde bekannt wegen der hilflosen Proteste Kleinwüchsiger gegen dies Spottlied, das ja auch als eine Verteidigung der Verkrüppelten verstanden werden kann – gegen den Schein einer ‘wunderbaren Welt’ der Normalen.

Newman wirft einen Stein und wartet ab, wer getroffen sein will; zynisch höchstens, daß dieser Song dann, dank der Proteste, ein Hit wurde …

Short People

“Ich muß die Leute in meinen Songs mögen.”
Irgendwie weigert man sich, ihm zu glauben, denn es wäre so viel einfacher, zusammen mit dem Sänger auf Feindbildjagd zu gehen. Da ist ein Lastwagenfahrer, Macho in Person, der eine Tunte anmacht und dann wundersam weibliche Gefühle an sich selbst spürt: Klischee Schwulenfeindlichkeit.
Da ist ein morgens zur Arbeit hetzender ungeschickter Familienpappi Mr. Sheep, den ein paar Jugendliche in die eigene Kotze stoßen: Klischee Biedermann.

Oder nehmen wir dies Pärchen aus Boston, frisch verheiratet, sie ziehen nach Kalifornien, er findet Arbeit, sie findet welche, man zeugt ein Kind, alles soo banal und soo glücklich… “Anyway she dies” – heißt es plötzlich, die Musik plaudert gleichmütig weiter, und dann folgt: “Er traf dieses junge reiche Ding aus Los Angeles und heiratete noch mal.”
Man kann sagen: da wird eine klischierte Ehe in ihrer Austauschbarkeit vorgeführt. Man kann aber auch sagen, daß da ein tragischer Umschwung – die Unmöglichkeit, wahrhaftig zu bleiben -, jedenfalls etwas erbärmlich Trauriges ganz knapp gezeigt worden ist. Die uralte Geschichte…

Just Married

U. Meinecke: Politische Wissenschaft

Ulla Meinecke mit ihrer Fassung von ‘Political Science’, einem Newman-Klassiker über die Schweigende Mehrheit Amerikas: So ein Lied hat es verhältnismäßig leicht: man bekommt Vermutungen aufgetischt, die man eh geteilt hat, die rundherum schon grassieren: ‘ja, so sind sie, die Amis – endlich spricht es mal einer von ihnen aus’. Und gleich setzt die Beruhigung ein: ‘das ist ja Satire, Kritik – der gehört zu uns…’

Aber Newman geht in seinen besseren Stücken viel weiter. Er ist ein durchaus politischer Singer/Songwriter, es gibt keine unberührte Natur bei ihm, nichts Außergesellschaftliches – aber er läßt die Leute reden, verbeißt sich die eigene Meinung. Das beunruhigt, denn man muß es dann annehmen, kann höchstens mitlachen …

In seiner vierten LP, ‘Good Old Boys’ von 1974, hat er die Südstaatler der USA zu Wort kommen lassen, die Rednecks, dickarschige, vorurteilspralle Weiße, hat ihre mühsame Sentimentalität dargestellt und den Gang der Geschichte, von dem sie überrollt werden. Aus dieser Platte stammt das folgende Lied, das eine Überschwemmung des Mississippi in den Zwanziger Jahren zum Thema hat.

Wäre bei Van Morrison beispielsweise die Elementarkraft des Flusses jetzt bestimmt eine jenseitige Macht oder bei Bruce Springsteen zumindest ein Kraftquell für den Einzelnen – in beiden Fällen etwas symbolisch Tröstendes -, bei Newman löst die Uberschwemmung in erster Linie Mißtrauen aus, eine hellwache Paranoia der Betroffenen:

“Die wollen uns wegschwemmen”.

Eine Naturkatastrophe als Symbol für Politik. Und die ‘armen Schlucker’, deren Vernichtung dem Präsidenten nur ein Achselzucken wert ist, stimmen ein Heimatlied an:
“Die wollen uns wegschwemmen, Louisiana”.
Haarscharf an der Grenze zu einer verlogenen Hymne bewegt sich Randy Newmans Kommentar, hellwach gegen die Anfechtungen der Stumpfheit (man nehme bei uns: die ‘Wälder-und-Höhen-Volksmusik’ Heinos und Konsorten) und die Anfechtungen der Intelligenz (man nehme bei uns all die Sänger, die ihren Randgruppen immer schon eine Lösung aus dem Dillema anbieten) .

Hier wird nichts hineingedeutet, hier wird ein Tatbestand gefeiert.

Louisiana 1927

Burn On

Randy Newman 1988 live in Hamburg. Gut gelaunt durchsetzt er ein alt gewordenes Thema mit Kommentaren zur Popmusik unsrer Tage: daß ein Fluß per Ölablagerungen zum Brennen gebracht werden kann. Es mag Zufall sein – aber seine knurrigen Bemerkungen zu Prince und der spartanischen eigenen Show mitten im Song – mir kommt es wie gewollt vor. Denn Newmans Konzerte sind selbst etwas wie Biotope geworden in der heutigen Medienlandschaft: da sitzt ein Mann allein am Klavier und trägt heiter vor, was er sich ausgedacht hat. Manchmal vertut er sich, manchmal spaßt er darüber weg, und er hat überhaupt keine gute Nachricht dabei. Höchstens die, daß es immer noch ein paar tausend Leute gibt, die keinen Firlefanz brauchen, denen Geschichten von lebenden Menschen genug sind – sogar in der Bundesrepublik.
Aber irgend etwas ist falsch: man ist sich so einig mit Randy Newman. Wenn er uns die Seelenlage eines neuen Faschisten nahebrächte, wenn er einen Abtreibungsstaatsanwalt aus Memmingen singen ließe – ‘Geister’ eben -, würden wir klatschen?

Fast alle Kollegen, die ich kenne, verehren Newman; aber keiner geht so weit. Wohin denn auch? Man muß eine besondere Art von Besessenheit haben, wenn man einem miesen weißen Südafrikaner in einem selbstgerechten Sermon solch tolle Zeilen in den Mund legt wie: “Das Bier ist auch nicht mehr, was es mal war. Bringt mich einfach nicht mehr hoch…” Ohne diese Besessenheit – im Feind sich selbst zu erkennen – fällt einem so was nicht ein.

Überfremdung, multikulturelle Gesellschaft… gefundenes Fressen…

Mickey’s

“Hast du meine Marie gesehn,
treibt sich wiedermal irgendwo rum.
Wenn sie hier vorbei kommt,
sag ihr: ich will bloß reden.
Weißt du, Mikey,
wir waren immer so gute Freunde,
hab dir immer von meinem Ärger erzählt
und mir du von deinem…
Was hat sich nicht alles geändert,
seit wir klein waren?
Hier waren mal keine Spanier,
jetzt hast du sie,
hier waren mal keine Polen,
jetzt hast du sie,
hier waren mal überhaupt keine Chinesen,
jetzt hast du sie alle Nasen lang…
Auch diese scheußliche Musik war hier nicht –
wo sind wir, auf dem Mond?
Was ist eigentlich aus den schönen alten Liedern geworden, wie: ‘Duke of Earl’?”

Mickey’s

Van Dyke Parks: Vine Street

Van Dyke Parks ist ein weiterer großer Einzelgänger im amerikanischen Musikgeschäft. Er sang ‘Vine Street’, eine der ältesten Komposition von Randy Newman, von ihm selbst arrangiert, aufgenommen 1969. Man kann dieser brüchigen Komposition vielleicht anhören, wie wissend Newman mit Musik umzugehen weiß. Manchmal scheint es ja so, als zögen sich ein paar wenige ewig wiederholte Melodien durch all seine Songs. Er beklaut sich auch gerne – aber darauf kommt es nicht an: Newman hört der Musik ihre demagogischen Gesten ab und verwertet sie – gnadenlos. Dieses: ‘Machen wir uns nichts vor’ seiner Texte wird von einer Art endlosen amerikanischen Hymne überspült, die er manchmal in Einzelteile zerbricht, rhythmisiert oder zur Unzeit verenden läßt. In dieser Hymne mischen sich Blues, irische, deutsche, französische und einige wenige afrikanische Spuren.

Newman komponiert die Operette Amerikas.
Natürlich kämpft er auch um Popularität. “Du hast in dieser einen Straße mehr Platten verkauft als ich in ganz England”, hat er einmal Mark Knopfler in einem Londoner Taxi angeknurrt, und an anderer Stelle überlegt:

“Grundsätzlich ist der Inhalt im Weg… Wenn in so einem Lied etwas Ungewohntes kommt, dann ist das wie ein Schlagloch in der Straße. Man hört immer dasselbe, und plötzlich sagt jemand: ‘Nigger’…”

Im kommerziell günstigsten Fall gibt es Lieder von Newman, in denen er ‘Nigger’ sagt – oder ‘bum’ – nur damit eine Prise Kritik in die gängige Musik eingeführt würde: ‘I love L.A.’ zum Beispiel, ein Lied, das dank der Olympiade um die Welt ging und vor Bemühtheit keucht.

I love L A

Es gibt auch Kompositionen von Newman, die andere populär gemacht haben – Joe Cockers Version von ‘Leave Your Hat On’ z.B. hörte man letztes Jahr an jedem Strand, in jeder Hoteldisko – schon seltsam, wie da zwei unterschiedliche Außenseiter mit einem Lied über voyeuristische Lust um die Welt kamen…

Joe Cocker: Leave your Hat On

Aber könnte das je mit seinem Lied über Kindsmord passieren, das Newman 1977 veröffentlichte, und das in Düsseldorf spielt? Ein Lied nach filmischen Motiven von Fritz Lang und musikalischen Gustav Mahlers. Wie Newman selbst meint, eins seiner gelungensten (er hoffe, sagt er, die Heimatstadt seiner Frau möge ihn deshalb in ihr Herz schließen) .
Dur und Moll im demagogischen Kampf, und die Schlüsselzeile des Mörders, als er das kleine Mädchen sich in seiner Brille spiegeln sieht: ‘Ich schaue auf den Fluß und denke an das Meer… , ‘In Germany, Before the War’, live gespielt in Hamburg 1988.

In Germany, Before the War

Follow the Flag

“Man sagt, das sei ein Traum, ein leeres Tuch ohne Bedeutung; sie halten es für eine Lüge – doch es ist keine: Ich will der Fahne folgen, bis ich sterbe.”

Randy Newman mit seiner vielleicht schönsten Hymne, auf der aktuellen LP ‘Land of Dreams’.
“In jedes Leben muß ein wenig Regen fallen, aber es wird nicht immer regnen. Du kannst über dich hinauswachsen – komm, wir folgen der Fahne gemeinsam.”

Ironie? Demaskierung? Oder vielleicht die traurige,ermüdete Summe aus einer Kette von Schicksalsschlägen? Daß die Wahrheit im Billigen liegt?

“Die meiste Zeit verbringe ich damit, mir die Ideen aus dem Kopf zu schlagen, die mir so kommen, denn ich weiß ja, wie viel Arbeit nötig wäre, sie zu verwirklichen”, sagte er einmal.

Die Geister wieder zum Schweigen bringen – verschwinden. Vielleicht geht so der geheime Traum Randy Newmans: das alles gar keine Bedeutung mehr hätte. Gleich gültig.

In seinen besten Liedern stellt er jedenfalls einfach etwas vor sich und uns hin. Ein kleines, dreiminütiges Ding, mit dem jeder dann machen kann, was er will.
Keine Demaskierung und Aufklärung, kein Humanismus -: Freiheit.

Ich will diese Sendung mit zweien solcher Stücke aufhören lassen. Im letzten läßt Newman ein paar Kinderjahre in New Orleans hochleben und macht sich einen Spaß aus der Tatsache, daß damals dort niemand seinen kriegsdekorierten Vater ernstnahm, der vom Sieg über die Deutschen berichtete.

Davor zieht ein Tabakhändler von einem Staat in den andern. Man erfährt nicht, warum, nur, daß ihm die Kälte nichts machte, der Staub nichts, und daß er die Heimat nie vermißt hat. Es heißt, daß er seine Autos und seine Kinder nachkommen ließ.

“Mich interessiert nicht im mindesten, was für eine Art von Person ich bin, so lange es nicht meine Arbeit beeinträchtigt.” Randy Newman.

William Brown

New Orleans Won the War

© Manfred Maurenbrecher 1990